Heute hat der Bundestag die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare beschlossen. Eine Entscheidung, die vor allem in den vergangenen Tagen kontrovers diskutiert wurde. Das habe ich nicht zuletzt an den zahlreichen Zuschriften gesehen, die ich in dieser Woche zu diesem Thema erhalten habe.
Vorab möchte ich kurz auf die Art und Weise eingehen, wie das Thema auf die Tagesordnung gelangte. Die Vorgehensweise, wie sie sich jetzt gestaltet hat, lehne ich nämlich strikt ab. Die Frage aus wahltaktischen Gründen übers Knie zu brechen, wird weder der Sache, noch den Betroffenen gerecht. Viele in meiner Fraktion hätten sich ein Verfahren gewünscht, wie es bei Gewissensentscheidungen üblich ist, das war in der kurzen Zeit nicht mehr möglich. Ebenso war es nicht mehr möglich, schwierige Rechtsfragen zu klären, wie etwa die Frage, ob eine Grundgesetzänderung nötig wäre. Dies hatte das SPD-geführte Justizministerium immer bejaht. Abschließend geklärt werden konnte diese Frage nun nicht mehr.
Ich hätte es wesentlich zielführender gefunden, diese gesellschaftliche Debatte in der nächsten Legislaturperiode offen, ehrlich, sachlich und vor allem tolerant und vorurteilsfrei zu diskutieren. Solche gesellschaftlichen Debatten brauchen nun einmal Zeit – das haben auch die überaus emotionalen Diskussionen in den vergangenen Tagen gezeigt. Sie sind aus meiner Sicht nicht geeignet, damit im Vorwahlkampf Emotionen zu schüren, um beim Wähler zu punkten.
Wie wir nun die Möglichkeit einer Ehe für alle bewerten, ist die persönliche Auffassung jedes Einzelnen. Das, was unsere pluralistische Gesellschaft ausmacht und worauf wir zurecht stolz sein können, ist doch gerade, dass wir andere Einstellungen und Auffassungen ernst nehmen und uns mit ihnen auseinandersetzen. Dazu gehört aber nicht, Andersdenkende zu diffamieren oder zu diskreditieren. Diejenigen, die mit der Ehe für alle hadern, als “Ewiggestrige” oder gar „homophob“ zu bezeichnen, ist ebenso unfair und wenig zielführend, wie Menschen wegen ihrer liberaleren Meinung zu diskriminieren und deswegen den Untergang des christlichen Abendlandes zu postulieren.
Daher unterscheidet sich die Union deutlich von den anderen Parteien: wir haben in der Fraktion am vergangenen Dienstag eine sehr ausgewogene Debatte geführt, getragen vom Respekt vor den unterschiedlichen Meinungen und Auffassungen. Gerade dies vermisst man oftmals bei SPD, Grünen und Linken: diejenigen, die in Sonntagsreden Toleranz einfordern, respektieren andere Meinungen nicht, sondern diffamieren diese! Es ist auch ziemlich verwunderlich, dass die gleichen, die hier angeblich für die Ehe kämpfen, gleichzeitig alles, was daran gekoppelt ist, abschaffen wollen (Ehegattensplitting etc.).
Doch nun zur Sache: Ich habe dem Gesetzentwurf zugestimmt.
Für mich persönlich ist doch das besondere Merkmal einer Ehe, dass man sich liebt, zusammen hält, sich die Treue schwört und auch in schlechten Zeiten füreinander da ist. Ob das nun zwischen Mann und Frau gelebt wird oder in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft ist für mich nicht die entscheidende Frage. Die Ehe ist in meinen Augen vielmehr ein Ausdruck tiefer Liebe und gegenseitiger Übernahme von Verantwortung. Deshalb ist es für mich zu begrüßen und auch wünschenswert, dass Menschen sich binden und füreinander einstehen wollen. Der Staat sollte dies nach meiner Auffassung auch unterstützen.
Faktisch gab es auch bereits vor der heutigen Entscheidung im Bundestag eine fast vollständige Gleichstellung. Inhaltlich hat somit heute im Prinzip lediglich die Begrifflichkeit, d.h. die Definition von Ehe, sowie die Frage der Adoption eine Rolle gespielt.
Bisher bestand für gleichgeschlechtliche Paare bereits die Möglichkeit, Pflegekinder aufzunehmen. Viele Jugendämter nehmen diese Option auch sehr oft wahr – und das hätten sie wahrscheinlich nicht, wenn sie schlechte Erfahrungen mit diesem Modell gemacht hätten. Das Kindeswohl muss immer im Mittelpunkt stehen, das ist auch für mich entscheidend. Bereits heute ist auch schon die Sukzessivadoption für eingetragene Lebenspartnerschaften möglich. Das bedeutet, dass Lebenspartner ein Kind adoptieren, das der andere Partner bereits adoptiert hat. Es gibt daher schon heute zahlreiche Kinder, die entweder als Pflege- oder als Adoptivkinder in gleichgeschlechtlichen Beziehungen aufwachsen. Nach meiner Auffassung ist daher eine vollständige Übernahme aller Regelungen, die Ehepaare im Adoptionsrecht betreffen, die logische Konsequenz.
Und zum zweiten Aspekt, dem Begriff der Ehe: es verliert doch keine Ehe zwischen Mann und Frau an Wert, nur weil es auch zwei Frauen oder zwei Männer gibt, die heiraten dürfen. Es wird doch niemandem etwas weggenommen, keiner wird schlechter gestellt. Und mal ganz ehrlich: ist die fünfte Ehe von Gerhard Schröder, aus der auch sicherlich keine Kinder mehr hervorgehen werden, wirklich schützenswerter als die von zwei jungen Frauen, die ein Leben lang Verantwortung füreinander übernehmen wollen, in guten wie in schlechten Zeiten, bei Krankheit, bei Arbeitslosigkeit und sonstigen Lebenslagen? Wir müssen den Menschen doch so nehmen wie er ist. Ich kann verstehen, dass zwei Lebenspartner sich als „Ehepartner“ fühlen und sagen, dass sie „verheiratet“ sind. Deshalb sollten wir das auch so nennen und keine Unterschiede machen. Darum habe ich mit Ja gestimmt.
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